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Warum Rewrites Startups

Warum Rewrites Startups töten (und wie du sie vermeidest)

24 Jan 2025

Fast jedes Startup führt irgendwann dieselbe Diskussion:

„Wir müssen das neu schreiben." „Die Codebase ist ein Chaos." „Das wurde zu schnell gebaut." „So werden wir niemals skalieren."

Ein Rewrite klingt wie Erleichterung. Ein Reset. Endlich „diesmal richtig".

In der Realität töten Rewrites mehr Startups als schlechte Ideen – nicht sofort, sondern langsam, leise und teuer.


Die Rewrite-Illusion: Warum es sich so richtig anfühlt

Rewrites sind attraktiv, weil sie versprechen:

  • saubereren Code
  • bessere Performance
  • moderneren Stack
  • weniger Bugs
  • schnelleres Development (irgendwann)

Psychologisch fühlt sich ein Rewrite wie Fortschritt an.

Für Startups ist es aber oft Vermeidung, nicht Lösung. Du reparierst das System nicht – du fliehst davor.


Was ein Rewrite wirklich kostet (jenseits von Code)

Die meisten Teams unterschätzen die echten Kosten massiv.

1) Verlorene Time-to-Market

Ein Rewrite pausiert nicht den Markt.

Während du neu baust:

  • liefern Wettbewerber weiter
  • Nutzer erwarten Verbesserungen
  • Investor:innen wollen Traktion
  • Sales-Pipelines stehen

Ein 3–6-Monate-Rewrite bedeutet oft: ein ganzes Marktfenster verpasst. Das steht in keinem Jira-Ticket – kann aber ein Unternehmen kippen.


2) Du baust Dinge neu, von denen du vergessen hast, dass sie existieren

Rewrites starten selten mit einer vollständigen, korrekten Spezifikation.

Teams vergessen:

  • Edge Cases
  • „temporäre" Fixes, die zu Business-Regeln wurden
  • Compliance-Logik
  • Analytics-Sonderfälle
  • Integrationen, die nur existieren, weil die Realität sie erzwungen hat

Ergebnis:

  • das neue System geht „clean" live
  • ist aber funktional unvollständig
  • und Nutzer merken sofort, was fehlt

Dann baust du erneut – unter Druck.


3) Kontextverlust ist dauerhaft

Dein ursprüngliches System enthält Jahre an eingebettetem Wissen:

  • warum Dinge so sind
  • was früher nicht funktioniert hat
  • was Kund:innen wirklich brauchen (vs. was geplant war)

Während eines Rewrites:

  • gehen Autor:innen
  • Dokumentation ist lückenhaft
  • Annahmen ersetzen Wissen

Diesen Kontext bekommst du nicht zurück.

Das neue System sieht besser aus – versteht das Business aber oft schlechter.


4) Du frierst Produktentwicklung ein

Viele Rewrites erzwingen Feature-Freeze.

Das bedeutet:

  • keine Experimente
  • kein schnelles Feedback
  • keine Iteration Richtung Product–Market Fit

Ironisch: Teams rewriten oft, weil PMF noch nicht da ist – und stoppen dann genau den Prozess, der PMF ermöglicht.


5) Rewrites multiplizieren Risiko – sie reduzieren es nicht

Für eine lange Zeit betreibst du:

  • das alte System (liefert weiter)
  • das neue System (noch unvollständig)

Zwei Codebases. Zwei Bug-Flächen. Zwei Ops-Risiken.

Startups sind selten gebaut, um diese Last stabil zu tragen.


Warum Teams wirklich rewriten (und es ist selten Traffic)

Rewrites starten fast nie wegen „Skalierung" im Sinne von Requests.

Sie starten wegen:

  • unklarer Architektur
  • vermischten Verantwortlichkeiten
  • frontend-getriebener Logik
  • fehlenden Domain-Grenzen
  • keinem Ownership-Modell

Kurz: dem System fehlt Struktur.

Framework-Wechsel behebt das nicht. Neue Syntax behebt das nicht. Ein „moderner Stack" behebt das nicht.

Nur Architektur tut das.


Das gefährlichste Rewrite-Muster (das Unternehmen leise killt)

  1. MVP schnell gebaut
  2. Traktion entsteht
  3. System fühlt sich fragil an
  4. Rewrite wird beschlossen
  5. sechs Monate vergehen
  6. Traktion stagniert
  7. Moral sinkt
  8. Funding-Druck steigt
  9. Rewrite ist immer noch nicht fertig

Das Startup ist „alive" – aber strategisch tot.


Warum Rewrites unvermeidlich wirken (es aber meist nicht sind)

Rewrites wirken unvermeidlich, wenn:

  • alles an allem hängt
  • Änderungen unerwartet andere Bereiche brechen
  • Deployments Angst machen
  • Performance-Probleme „mysteriös" sind
  • niemand dem System vertraut

Das sind keine Rewrite-Signale.

Das sind Architecture-Rescue-Signale.


Die Alternative, die in der Praxis funktioniert: inkrementelle Architektur-Reparatur

High-performing Teams machen fast nie „Big Rewrites".

Sie machen kontrollierte Evolution.

Wie das konkret aussieht

1. Core stabilisieren

  • kritische Domains identifizieren
  • Interfaces absichern
  • unkontrollierte Changes stoppen

2. Grenzen schaffen ohne neu zu schreiben

  • APIs extrahieren
  • Logik isolieren
  • Modularität im bestehenden System einführen

3. Teile ersetzen, nicht alles

  • Strangler Pattern
  • graduelle Extraktion
  • parallele Validierung

4. Weiter shippen

  • kein Feature-Freeze
  • kein Markt-Pause
  • kein Reset des Lernens

Das ist in Woche 1 manchmal langsamer – aber über 12–24 Monate massiv schneller.


Wann ein Rewrite wirklich gerechtfertigt ist

Rewrites sind selten – aber nicht verboten.

Sie machen Sinn, wenn:

  • das System fundamental nicht rettbar ist
  • rechtliche oder Security-Constraints Austausch erzwingen
  • sich die Produkt-Richtung komplett geändert hat
  • das alte System das Business aktiv blockiert

Wenn du nicht klar begründen kannst, warum inkrementelle Veränderung unmöglich ist, brauchst du wahrscheinlich keinen Rewrite.


Rewrites töten Momentum – Momentum ist alles

Startups gewinnen nicht durch perfekten Code.

Sie gewinnen, weil sie:

  • schneller lernen
  • schneller liefern
  • schneller adaptieren

Rewrites stoppen alle drei.

Genau deshalb sind sie so gefährlich.


Der H-Studio Ansatz: keine Wegwerf-Systeme

Bei H-Studio bauen wir MVPs und Produkte mit einer Regel:

Keine disposable architecture.

Wir bauen Systeme, die:

  • sich bereinigen lassen, ohne ersetzt zu werden
  • sich weiterentwickeln lassen, ohne das Business zu stoppen
  • ohne Panic-Entscheidungen skalieren

So vermeidest du die Rewrite-Falle.


Wenn du gerade über einen Rewrite nachdenkst

Dann ist der richtige Moment, kurz zu stoppen.

Bevor du einen Rewrite freigibst, frage:

  • was ist exakt kaputt?
  • ist es Architektur oder Implementierung?
  • können wir isolieren statt ersetzen?
  • was passiert mit Momentum?

Meist ist die Antwort nicht „Rewrite".

Sondern: architektonische Klarheit.


Finaler Gedanke

Rewrites fühlen sich wie Mut an.

In Startups sind sie oft Angst – getarnt als „Clean Code".

Die stärksten Teams starten nicht neu.

Sie reparieren, was zählt – ohne das Produkt zu stoppen.


Architektur-Review vor dem Rewrite

Wenn du über einen Rewrite nachdenkst, starte mit einem Architektur-Review. Wir helfen Teams dabei zu identifizieren, was wirklich kaputt ist – Architektur oder Implementierung – und designen inkrementelle Reparaturpfade, die die Rewrite-Falle vermeiden.

Für Backend-Architektur schaffen wir modulare Grenzen und Domain-Trennung, ohne das Produkt zu stoppen. Für DevOps und Release-Sicherheit sorgen wir dafür, dass Deployments nicht mehr Angst machen – was oft den „Rewrite"-Impuls eliminiert.

Wenn du ein MVP baust, starte mit Architektur, die sich entwickeln kann von Tag 1, damit Rewrites nie nötig werden.

Sieh dir an, wie wir EventStripe ohne Rewrites skaliert haben, oder lerne von Forschungsmittel's Migration, die Momentum bewahrt hat.

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