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RAG-Systeme für Founder

RAG-Systeme für Founder erklärt (ohne Mathe)

27 Jan 2025

Was sie sind, warum alle darüber reden – und wann sie wirklich Sinn ergeben

Wenn du 2025 AI-Produkte baust oder einkaufst, hast du den Begriff RAG überall gehört:

  • „Wir nutzen RAG"
  • „Unser Chatbot ist RAG-powered"
  • „RAG löst Halluzinationen"

Die meisten Erklärungen sind entweder:

  • zu technisch
  • zu vage
  • oder pures Marketing

Dieser Artikel erklärt RAG in einfacher Sprache – für Founder und Entscheider – und vor allem: wann RAG den Aufwand wert ist und wann nicht.

Kein Mathe. Kein Hype. Nur Realität.


Das Kernproblem, das RAG lösen soll

Large Language Models (LLMs) haben eine grundlegende Einschränkung:

Sie kennen deine Daten nicht.

Sie wurden trainiert auf:

  • öffentliche Internet-Inhalte
  • Bücher, Artikel, Code
  • Momentaufnahmen der Welt (oft nicht aktuell)

Sie kennen nicht:

  • deine internen Dokumente
  • deine Produktregeln
  • Verträge
  • Pricing-Logik
  • Policies und Prozesse

Wenn du sie zu deinem Business fragst, raten sie. Dieses Raten nennt man „Halluzination".


Was RAG ist (in einem Satz)

RAG = Retrieval + Generation

Ganz simpel:

  1. Das System findet relevante Informationen aus deinen eigenen Daten
  2. Dann formuliert das Modell eine Antwort auf Basis dieser Informationen – statt zu raten

Das Modell wird nicht „intelligenter". Es wird besser informiert.


Eine Analogie ohne Technik

Stell dir RAG so vor:

Ohne RAG: Du fragst einen sehr klugen Praktikanten etwas – aber er hat keinen Zugriff auf eure Dateien. Er antwortet selbstbewusst, und oft falsch.

Mit RAG: Du gibst ihm die richtigen Dokumente, bevor er antwortet. Jetzt ist die Antwort in der Realität verankert.

Das ist alles.

Keine Magie. Keine neue Intelligenz. Nur besserer Kontext.


Woraus ein RAG-System konzeptionell besteht

Du musst keine Vektoren verstehen, um das Prinzip zu verstehen. Auf hoher Ebene hat jedes RAG-System vier Bausteine:

1) Deine Wissensquelle

Beispiele:

  • interne Dokumente
  • FAQs
  • Policies
  • Produkt-Spezifikationen
  • Tickets / Support-Logs
  • Datenbanken

Wenn diese Daten unordentlich, veraltet oder falsch sind, scheitert RAG.

RAG repariert keine schlechten Daten. Es legt sie offen.


2) Retrieval-Logik (die eigentliche Qualitätsschicht)

Dieser Teil entscheidet:

  • welche Inhalte relevant sind
  • wie viel Kontext mitgegeben wird
  • was ignoriert wird

Wichtig: Gutes Retrieval ist oft wichtiger als das Modell. Viele schlechte RAG-Systeme scheitern genau hier.


3) Das Sprachmodell

Das Modell:

  • liest die gefundenen Inhalte
  • formuliert eine Antwort
  • bleibt im Idealfall innerhalb des gelieferten Kontexts

Das Modell ist der „Autor", nicht die Quelle der Wahrheit.


4) Guardrails & Kontrolle

Dazu gehören:

  • Antwort-Constraints („nur aus Quellen antworten")
  • Zitier-/Quellenhinweise
  • Fallback-Logik („kann nicht sicher antworten")
  • Refusal-Regeln
  • Sicherheits- und Berechtigungslogik

Das ist der Teil, der RAG in echten Produkten nutzbar macht – besonders in regulierten Umgebungen.


Wo RAG in der Praxis wirklich funktioniert (High-ROI Use Cases)

RAG ist nicht universal. Aber wo es passt, ist es extrem stark.

1) Interne Knowledge-Systeme

  • Onboarding
  • interne Policies
  • Engineering-Dokumentation
  • Support-Playbooks

ROI entsteht durch:

  • Zeitgewinn
  • weniger Unterbrechungen
  • konsistentere Antworten

2) Customer Support (Tier 1 & 2)

RAG funktioniert gut, wenn:

  • Antworten dokumentbasiert sind
  • Korrektheit wichtiger ist als „kreative" Sprache
  • Halluzinationen nicht akzeptabel sind

Es reduziert Last – nicht automatisch Headcount.


3) Compliance & regulierte Umgebungen (EU/Deutschland)

RAG ermöglicht:

  • Antworten auf Basis freigegebener Dokumente
  • Nachvollziehbarkeit („daher kommt diese Antwort")
  • sichere AI-Nutzung ohne Training auf sensiblen Daten

4) Experten-Assistenten (nicht: öffentliche „Ask-anything"-Bots)

RAG glänzt, wenn:

  • Nutzer die Domäne kennen
  • sie schneller Zugang zu Wissen wollen
  • AI unterstützt, statt Expertise zu ersetzen

Wo RAG meistens scheitert

Das zu verstehen ist entscheidend.

Öffentliche „Ask Anything"-Chatbots

  • unklarer Intent
  • riesiger Scope
  • wenig Kontrolle über Antworten

Diese Produkte enttäuschen fast immer.


Unstrukturierter Content

Wenn deine Dokumente:

  • sich widersprechen
  • veraltet sind
  • keine klare Struktur haben

…verstärkt RAG die Verwirrung.


Erwartung: RAG = autonomer Agent

RAG ist kein Agent. Es „denkt" nicht tief. Es verifiziert Fakten nicht zuverlässig.

Es findet und fasst zusammen – auf Basis deiner Daten.


RAG ist kein Produkt – sondern ein Architektur-Pattern

Das ist das häufigste Missverständnis.

RAG ist:

  • kein Feature
  • kein Widget
  • nicht „einfach ein Chatbot"

RAG ist eine System-Entscheidung.

Der Erfolg hängt ab von:

  • Daten-Ownership
  • Retrieval-Qualität
  • Systemgrenzen und Berechtigungen
  • Failure Handling

Darum scheitern so viele RAG-Demos in Produktion.


Build vs Buy: die Founder-Entscheidung

RAG bauen ist sinnvoll, wenn:

  • deine Daten proprietär sind
  • Korrektheit wirklich zählt
  • Workflows individuell sind
  • Compliance/Auditability wichtig ist

RAG kaufen oder ganz lassen ist sinnvoll, wenn:

  • Inhalte öffentlich sind
  • Präzision nicht entscheidend ist
  • eine gute Search-UX schon reichen würde

In vielen Fällen schlägt klassische Suche + gute UX ein schlechtes RAG.


Warum RAG 2025 besonders relevant ist

Drei Gründe:

  1. Modelle werden zur Commodity
  2. Daten sind der echte Differenzierer
  3. Enterprises verlangen Kontrolle & Auditability

RAG passt zu allen drei Punkten.


Die H-Studio Perspektive: RAG als Teil des Systems

Bei H-Studio starten wir nicht mit:

„Lass uns RAG einbauen."

Wir starten mit:

  • welche Entscheidungen sollen unterstützt werden?
  • welche Daten sind autoritativ?
  • welcher Fehler ist akzeptabel?
  • was muss der Mensch kontrollieren?

Erst dann designen wir RAG – oder entscheiden uns bewusst dagegen.

Deshalb funktioniert es in Produktion.


Finaler Gedanke

RAG macht AI nicht smarter.

RAG macht AI ehrlich.

Und in echten Produkten schlägt Ehrlichkeit Kreativität fast immer.


RAG-Systeme bauen, die in Produktion funktionieren

Wenn du RAG für dein Produkt erwägst, starte mit dem Verständnis, welche Entscheidungen Unterstützung brauchen und welche Daten autoritativ sind – nicht mit dem Hinzufügen eines Chatbot-Features.

Wir bauen RAG-Systeme, die in Workflows integriert sind, keine isolierten Demos. Für Datenarchitektur und Berechtigungen schaffen wir die Infrastruktur, die RAG zuverlässig macht. Für Knowledge-Systeme und Analytics verbinden wir RAG mit Business Intelligence.

Wenn du unsicher bist, ob RAG zu deinem Use Case passt, starte mit einer RAG-Readiness-Bewertung, um echte Chancen zu identifizieren – nicht Marketing-Features.

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